In Berlin, dem Hotspot preußisch/deutscher Geschichte, findet sich ein Ort der Demokratiegeschichte, an dem gleich zweier Revolutionen gedacht wird und in dem sich Systeme widerspiegeln.
Fünf Tage Berlin bieten vielfältige Möglichkeiten: bummeln, shoppen, schlemmen und gedenken. Laut Zählung der AG „Orte der Demokratiegeschichte“ sind es 26 Erinnerungs- und Lernorte, die man/frau in der Spreemetropole besuchen kann. Andere lohnenswerte Orte der Erinnerung tauchen nicht auf, etwa das Jüdische Museum Berlin, das selbstvberständlich ein wichtiger Ort für die Erinnerung an die deutsche Demokratiegeschichte darstellt.
Leider hatte ich während des ganzen Aufenthalts das Gefühl, nicht genug Zeit für die einzelnen Exponate zu haben. Als ich das Museum besuchte, war zudem die Ausstellung „Mein Dichten ist wie Dynamit“ Curt Blochs Het Onderwater Cabaret zu sehen, die ich empfehlen kann.
Für mich ist der Waldfriedhof Dahlem, auf dem Erich und Zenzl Mühsam ihren gemeinsamen Ruheplatz gefunden haben, ein weiterer Gedenkort. Erich Mühsam wurde im Juli 1934 im kleinen Kreise derer, die sich trauten an der Beerdigung teilzunehmen, auf diesem Friedhof beigesetzt. Kreszentia „Zenzl“ Mühsam dagegen verbrachte die Jahre von 1955 bis zu ihrem Tod am 8. März 1962 in der Deutschen Demokratischen Republik und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in einem Ehrengrab bestattet. Erst 1992 wurde „die Urne Kreszentia Mühsams mit dem Ehrengrab ihres Mannes auf dem Dahlemer Waldfriedhof vereint.“ (Uschi Otten, 1996, 8-30, 30). Auch das gemeinsame Grab des Ehepaars ist ein Ehrengrab der Stadt Berlin. Da Erichs Grab „kein zeitlich befristetes ‚Ehrengrab‘, sondern vor dem Hintergrund der Ermordung Mühsams im KZ Oranienburg als ‚Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft‘ ein Grab mit ewiger Ruhefrist“ ist, liegt es inzwischen abseits der anderen Gräber, da die Nachbarplätze bereits eingeebnet wurden.
Ein weiterer Ort des Erinnerns an die Mühsams liegt im Stadtteil Berlin-Britz. Von 1927 bis zu seiner Verhaftungam 28. Februar 1933 lebte das Paar in der Hufeisensiedlung, Dörchläuchtingstraße 50. Hier befindet sich neben „seinem“ Reihenhaus ein Gedenksein an den „Dichter für Freiheit und Menschlichkeit“, Erich Mühsam. Die Hufeisensiedlung selbst gehört als Teil der Siedlungen der Berliner Moderne zum Weltkulturerbe.
Warum gehe ich auf Erich Mühsam ein? Die AG Orte der Demokratiegeschichte führt die Liste „100 Köpfe der Demokratie„, auf der Kommunist:innen, Sozialdemokrat:innen, Liberale und Christdemokrat:innen stehen und ich vermisse den Anarchisten Erich Mühsam. Immerhin gehört er zu den prominenten Köpfen der bayrischen Geschichte der „Novemberrevolution“, war ein bekannter politischer Aktivist für die Rote Hilfe und gilt als allseits bekannter Mahner vor dem Nazionalsozialismus. Nun könnte man argumentieren, dass er selbst vermutlich wenig Wert darauf gelegt hätte, auf der Liste zu stehen, dies gilt aber sicher genauso für Rosa Luxemburg, die man darauf findet.